A Blast from the Past
Isvind gehören zu den ganz, ganz alten Black-Metal-Bands, gegründet 1992 in Oslo, damals noch als Trio und unter dem englischen Namen Ice Wind. Nach drei Demos und einer EP erschien 1996 das Debutalbum Dark Waters Stir, danach wurde es ruhig um Isvind, denn ganze sieben Jahre dauerte es, bis die Split-EP Kuldedød / Det Hedenske Norge 2003 auf den Markt kam. Danach kam wieder lange lange nichts, 2011 erschien dann das zweite Album Intent Lever. Diesmal hat sich das Duo Goblin (Schlagzeug, Gesang, Keyboards) und Arak Draconiiz (Gitarre, Bass, Gesang – und ja, das ist auch der Ex-Tsjuder-Klampfer) beeilt und beglückt meine Ohren 2013 via Folter Records mit ihrem neuesten, dem dritten Studioabum Daumyra.
Diese lange Einführung dient vor allem einem Zweck: Aufzuzeigen, was einen auf Daumyra erwartet. Knüppelharter Black Metal, wie er sein sollte, der seine Wurzeln in den 90er Jahren nicht verleugnen kann und auch nicht verleugnen will. Mich versetzen die rasenden, wütenden und ziemlich kalten Lieder jedenfalls sofort wieder in die glückliche Zeit meiner Jugend, als das, was die Jungs hier vorlegen, noch brandneu war. Und genau dafür mag ich Daumyra: Hier gibt es keine Kompromisse, keine Überraschungen, drin ist, was draufsteht – so muss das sein!
Gut, eine Überraschung gibt es dann doch, was die Produktion betrifft. So klingt dreckiger Black Metal also, wenn man ihn sauber produziert. Dabei wirkt Daumyra alles andere als glatt, im Gegenteil, die kommenden 39 Minuten haben die ein oder andere Ecke und Kante, die sie umso interessanter, individueller macht.
Man hat Isvind ja schon immer vorgeworfen, bei Darkthrone zu klauen, ein Umstand, den ich jetzt nicht zwingend negativ gewichten möchte, den man dem Album aber in der ersten Hälfte ganz klar anmerkt. Nach dem kurzen Intro (brennende Holzscheite und eisiger Wind, ganz klassisch!) geht’s nach einer Minute auch schon los: „Karst Loss“ bedient sich des „Transsilvanian Hunger“-Schemas – und funktioniert hervorragend damit. Bösartige Riffs, Blastbeat, fieses Gekreische, was hab‘ ich das vermisst in neueren Produktionen. Ich komme mir ein wenig vor, als sei ich in eine Zeitmaschine gefallen (das kann aber auch an zu viel Greg Bear liegen). „Burn the Kings“ legt dann etwas melodischer nach, der Refrain ist Mitsing-tauglich und einer dieser Ohrwürmer, wie ihn nur Black Metal erzeugen kann, so rudimentär, dass es eigentlich gar nicht als Ohrwurm durchgehen sollte. Variation im Drumming? Fehlanzeige, aber warum sollte man das variieren? Man vergisst leicht, dank all der Bands, die seit den Tagen, an dem Varg Vikernes Kirchen angezündet hat, aus dem Schatten und Halbschatten des Black Metal gekrochen sind, was diese Musik eigentlich einmal ausgemacht hat, vor allem die Bösartigkeit, diese wilde und dennoch kalte Raserei, und mit genau der prügeln sich Isvind durch die erste Hälfte des Albums.
„The Dark Traverse“ entspinnt sich um ein ungewöhnlich melodisches und eingängiges Riff, das auch beste Ohrwurmqualitäten hat, aber nicht unbedingt, weil es bequem ist. Eher das Gegenteil ist der Fall, dennoch sticht der beinahe groovige Song deutlich aus den anderen hervor. Mit „Myra“ wird es dann langsamer, atmosphärischer, doch schon mit „Specculum“ ist das schnell vorbei, jetzt tobt wieder der Sturm. Zum Abschluss gibt es das geradezu episch lange Stück „Klabautermann“, das ziemlich komplex für Black-Metal-Verhältnisse ist und sogar immer wieder Cleargesang-Passagen aufweist, die die stürmisch-düstere Seefahrer-Mythos-Stimmung noch unterstreichen. Griffige Gitarrenriffs, immer wieder mal Midtempo-Passagen, die nie zu groovig geraten, aber den typischen Black Metal wirkungsvoll durchbrechen, Akzente setzen, um dann nach dem Refrain wieder unvermittelt in Raserei und Blastbeats überzugehen – ich wiederhole mich nicht gern, aber so muss das sein!
Daumyra ist absolut empfehlenswert für jeden, der Dimmu Borgir als Popmusik bezeichnet und bei Mystic Circle zu kotzen beginnt. Bei mir fliegt die Scheibe ganz sicher nicht so schnell aus dem Player, denn Isvind bringen alles mit, was ich mir von einer Black-Metal-Band wünsche. Und der eiskalte Winter steht ja erst noch bevor – für mich gibt es da nichts Schöneres als genau diese Art von Musik, und dieses Jahr muss ich mir nicht zum Trillionsten Mal A Blaze in the northern Sky in Dauerschleife geben. Danke, Isvind – all hail!
Anspieltipp: „Karst Loss“ und „Klabautermann“
Isvind – Daumyra
Folter Records
VÖ: 15.08.2013
€ 12,00
Kaufen!
Homepage: www.isvind.net
Facebook: https://www.facebook.com/Isvindband
Tracklist:
01. Kast Loss
02. Burn The Kings
03. Blodstorm
04. The Dark Traverse
05. Djevelens Lende
06. Myra
07. Specculum
08. Klabautermann
Gesamtspielzeit: 39 Minuten
(8454)
Vollkommene Zustimmung. Eines der besten traditionellen Alben der letzten Jahre. Allein mit Myra und Burn The Kings könnte ich meinen Musikabend perfekt machen. Mehr davon!!