Quelle: www.jonathanlhoward.com

Wer burtonesque Fantasy, tiefschwarzen Humor und die richtige Prise Lovecraft’schen Horror zu schätzen weiß, ist vielleicht schon über den englischen Autor Jonathan L. Howard gestolpert. Die ersten drei Bände seiner Johannes Cabal Reihe sind in Deutschland bereits im Goldmann Verlag erschienen (Rezensionen gibts natürlich hier). Johannes Cabal, seines Zeichens übellauniger Nekromant, will den Tod besiegen, doch auf seinem langen Weg gilt es noch einige Leichen auszugraben und Tote zu beschwören. Leider macht er damit nicht nur irdische Mächte auf sich aufmerksam…
Buch Nummer vier ist in Arbeit – ein guter Anlass, um mal mit Herrn Howard über seine Bücher und einiges mehr zu sprechen.

Find the whole interview in English here.

Enchi: Das wichtigste zuerst: Wie lang werden wir auf Johannes Cabals Rückkehr in die Buchläden warten müssen?
Jonathan L. Howard: Das hängt vor allem davon ab, wer ihr seid. Der nächste Cabal wurde an Thomas Dunne Books in den USA verkauft, aber im Moment ist das die einzige geplante Veröffentlichung. Wenn ihr also Amerikaner oder Kanadier seid, dann kommt der nächste Cabal-Roman im Oktober oder November 2014. Wenn ihr aus anderen Ländern kommt, habe ich leider keine Ahnung.

Enchi: Bitte beschreib Johannes Cabal in wenigen Worten.
JLH: Johannes Cabal ist ein Wissenschaftler, der die wissenschaftlichen Prinzipien nutzt, die der Magie zugrunde liegen. Außerdem ist er ein Soziopath mit einer Knarre.

Enchi: Die Geschichte des Mannes, der seine Seele zurückbekommen will, ist nicht gerade neu. Wie kamst du darauf, ihr das Gesicht eines übelgelaunten deutschen Nekromanten zu geben?
JLH: Um fair zu sein: Die Geschichte vom Mann, der seine Seele verkauft, ist nicht ungewöhnlich, aber sie zurückzuholen ist schon seltener. Im Wesentlichen hatte ich diesen Charakter vor Augen und wollte sehen, wie viel Chaos er anrichten würde, wenn er einen Jahrmarkt führt. Der Rest entwickelte sich daraus weiter.

Enchi: Warum hast du Johannes Cabal als Deutschen konzipiert?
JLH: Daran erinnere ich mich ehrlich gesagt nicht. Die erste Idee zu ihm hatte ich schließlich vor über zwanzig Jahren, und ich habe nicht mehr jeden Gedankengang von damals im Gedächtnis. Ich weiß noch, dass er ursprünglich Engländer war, aber zu dem Zeitpunkt hatte er noch nicht mal einen Namen. Vielleicht wurde er letztendlich Deutscher, weil ich Deutschland mag.

Enchi: Johannes ist nicht gerade das, was man einen netten Typen nennen würde. Wieso mögen wir ihn trotzdem?
JLH: Er versucht, das Richtige zu tun, aber mit wirklich schrecklichen Methoden. Für ihn rechtfertigt der Zweck vollkommen die Mittel. Wie er selbst betont – wenn die Menschen wirklich verstünden, was er versucht, würden sie ihm applaudieren. Leichen ausgraben und sie von den Toten zurückholen, schreckt die Leute aber irgendwie ab.

Enchi: Seit dem ersten Buch fütterst du den Lesern winzige Details aus Johannes’ Vergangenheit. Ist das alles von langer Hand geplant, oder entwickelst du es, wie es kommt?
JLH: Als ich anfing, Geschichten über ihn zu schreiben, gab es nicht besonders viel Hintergrund zu ihm. Ich wusste, dass er sich seiner Familie entfremdete, als sein Bruder verschwand, und ich wusste, was sein wissenschaftliches Ziel war und dass er bereit wäre, alles dafür zu tun. Davon abgesehen haben sich die Details herauskristallisiert, wenn sie gebraucht wurden, aber immer mit dem Blick auf das vorher Beschriebene. Wenn die Kontinuität wegen meiner Art zu schreiben leidet, dann ist das allein meine Schuld.

Enchi: Was mir an den Johannes-Cabal-Romanen so gut gefällt, ist, dass du offenbar nichts auf Genregrenzen gibst. Du springst von burtonesquer Fantasy zu Steampunk-Kriminalgeschichten und in die wahnsinnige Welt von H.P. Lovecraft – gibt es irgendetwas, das wir definitiv nie aus deiner Feder lesen werden?
JLH: Wahrscheinlich keine reine Liebesgeschichte. Nicht annähernd genug Explosionen.

Enchi: Deine anderen Bücher wurden in Deutschland schmählich vernachlässigt. Gibst du uns eine kurze Zusammenfassung, damit wir wissen, was wir verpassen?
JLH: Die andere Reihe, die ich schreibe, ist eine Jugendbuchreihe mit dem Namen „The Russalka Chronicles“, mäßig harte SciFi-Romane über eine Kolonie in einer Ozeanwelt und wie dort plötzlich alles schiefläuft. Das fängt mit einem Unabhängigkeitskrieg mit der Erde an, dann kommt eine politische Spaltung hinzu und ein Seeungeheuer, das vielleicht gar keines ist und, ach, es ist ziemlich was los. Das erste Buch heißt „Katya’s World“, und die Fortsetzung, „Katya’s War“ wird im November 2013 auf Englisch veröffentlicht.

Enchi: Dein Erfolg als Autor folgte eigentlich einer wesentlich früheren Karriere als Spieledesigner. Was ist dein bestes Spiel?
JLH: Zweifellos “Broken Sword: The Shadow of the Templars”, das in Deutschland unter dem Titel “Baphomets Fluch” veröffentlicht wurde. Das war ein wirklich angenehmes Projekt. Im Gegensatz zu den meisten Spieleprojekten waren wir dem Zeitplan etwas voraus, sodass wir nie gegen die Uhr arbeiten mussten und einige Wochen hatten, um daran zu feilen. Es ist bis heute, fast zwanzig Jahre später, ein beliebtes Spiel, und ich bin stolz, daran mitgearbeitet zu haben.

Enchi: Was war das erste Computerspiel, das du je gespielt hast, und welches war das beste?
JLH: Um genau zu sein, war das ein Mondlandungssimulator auf einem Großrechner, beim Tag der Offenen Tür der UMIST (University of Manchester Institute of Science and Technology), etwa 1972. Ich war nicht besonders gut. Das erste moderne Computerspiel war „Pong“ in einer Spielhalle, und das erste daheim war ein einfaches kingdom management Spiel auf dem Sinclair ZX-81. Mein Lieblingsspiel zu dieser Zeit war wahrscheinlich „The Ring of Darkness“, was ich auf dem Amstrad CPC-464 gespielt habe.

Enchi: Wer waren die Helden deiner Kindheit?
JLH: Oh, so viele, aber die wichtigsten waren (und sind) der Doctor (aus “Doctor Who”), Batman und Sherlock Holmes.

Enchi: Was war das erste Buch, das du je gelesen hast?
JLH: Das erste Buch, das ich je gelesen habe, war irgendeins aus der Ladybird-Reading-Reihe, aber das meinst du wahrscheinlich nicht. Das erste, woran ich mich speziell erinnere, war das erste Buch ohne Bilder, und es kam ein Einhorn darin vor. Ich bin ziemlich sicher, dass es Das letzte Einhorn von Peter S. Beagle war, aber ich müsste es nochmal lesen um sicherzugehen.

Enchi: Welches Buch hast du zuletzt gelesen, und wie hat es dir gefallen?
JLH: Die alljährliche Lektüre der Geistergeschichten von M.R. James. Ich genieße sie immer, dieses Jahr war keine Ausnahme.

Enchi: Kannst du uns einen kleinen Einblick in den vierten Johannes-Cabal-Roman geben?
JLH: “… Jacke und Schuhe …” Da, das ist von Seite 87 aus dem ersten Entwurf. Aufregendes Zeug, nicht wahr?

Enchi: Ein paar letzte Worte – was möchtest du SchwarzesBayern erzählen …?
JLH: Nur danke, dass ihr mich hier vorstellt. Oh, und ein Rat: Das Päckchen in eurem Schrank? Das, das euch noch nie aufgefallen ist? Das in braunes Papier eingewickelte mit der Schnur? Das da? Macht es nicht auf. Macht es nicht auf.
Es wird bald von allein aufgehen.

Wen das jetzt neugierig gemacht hat, der sollte dringend die Johannes Cabal Reihe lesen. Außerdem kann man sich unter http://www.jonathanlhoward.com/ und http://www.johannescabal.com/ weiter schlau machen, oder dem Autor auf Twitter unter @JonathanLHoward folgen.

Ich persönlich hoffe, dass wir auch in Deutschland bald wieder von ihm hören und lesen dürfen.

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