Spießig und unvergesslich
Die Antwort folgt prompt und öffentlich: Das Team des Stars weiß nichts von einer Verlegung und kann sich die Fehlinformationen nicht erklären. Damit ist also alles geregelt.Am Samstag habe ich bereits beim Betreten des Foyers das Gefühl, der Spießigkeit die ausgestreckte, behandschuhte Hand zu reichen. Es fehlt nur noch die Abendgarderobe des wartenden Publikums, das sein Weinchen an den Stehtischen trinkt. Die Stadthalle Erding wirkt recht neu, mit stolzer Holzdecke und einigermaßen modernem Schnitt. Nein, man darf den Saal nicht betreten und auch sonst nicht so viel machen, wird beobachtet, da man nicht nur altersmäßig ein wenig heraussticht. 30 Minuten vor Beginn ertönen ein Gong und eine Durchsage, man habe seine Garderobe abzugeben – im Keller – für einen Unkostenbeitrag von einem Euro. Anscheinend muss die Stadthalle erst noch abbezahlt werden. Immerhin ist die Kellnerin hinter dem edlen Tresen sehr nett – ihr Kollege am Eingang zum Saal bald nicht mehr.Der Saal ist leer, fast leer. Die ersten drei durchgehenden Reihen sind zwar voll besetzt, danach wird es aber spärlicher, und von einer ausverkauften Halle kann nicht die Rede sein. Liegt das am Termin-Hick-Hack, schließlich war beim Kartenkauf fast alles voll?
Das Konzert beginnt. Unter Jubel kommen die Musiker auf die Bühne, winken kurz ins Publikum und nehmen ihre Plätze ein, ebenso der Star des Abends, Albert Hammond, der lächelnd und mit seiner Gitarre vor der Brust ans Mikro tritt und sofort mit einem Hit loslegt: „Everything I want to do“.
Dafür zieht Hammond weiter eine hervorragende Show auf der Bühne ab, erntet gebührenden Applaus und Jubel, ebenso lässt er das Publikum nur zu gerne mitsingen, klatschen und tanzen. Albert Hammond bedankt sich bei seinen Fans, weil die es sind, die ihn gehört haben, denen er seine Erfolge verdankt. Ohne das Publikum wäre er nichts. Ein Star, der das noch offen zu schätzen weiß und sich selbst dankbar und bescheiden gibt – so jemanden muss man ins Herz schließen. Mittendrin fragt er sogar nach Musikwünschen und erfüllt diese aus dem Stegreif. Welcher Künstler macht schon so etwas?
Nach zwei Stunden ohne Pause gibt es die erste Zugabe, das Publikum erhebt sich und geht weiter nach vorne. Nun wird fotografiert, sogar mit Blitz, was mich persönlich sehr stört, denn sowas ist ein No-Go bei Konzerten. Aber den Ordner interessiert das seltsamerweise gar nicht mehr. Ob ein beschwerender Facebook-Post dazu geführt hat oder er plötzlich der Ansicht ist, dass Fotos doch nicht so tragisch sind – bei einem Konzert, für das es keine Akkreditierungen und somit auch nahezu keine Presse gab – weiß man nicht.
Mit dem Megahit „It never rains in Southern California“ endet nach fast zweieinhalb Stunden ein tolles und mitreißendes Konzert. Albert Hammond nimmt sich noch für jeden Fan genug Zeit, lächelt in Kameras, signiert Eintrittskarten, Schallplatten sowie Fotos und hält hier und da einen kurzen Plausch. Da ist dann auch ein weiterer Security mit In-Ear schnell vergessen, bei dem nur noch die Worte fehlten: „Der Adler ist gelandet!“
Fazit: Hammond war wieder einmal top in Form und hat ein ausdauerndes und mitreißendes Konzert gespielt. 2014 wird er mit seinen größten Hits ein Live-Album veröffentlichen. Die Location war allerdings eine herbe Enttäuschung, der man lediglich die Akustik zugutehalten kann – und die leider einen sehr negativen Eindruck hinterlassen hat, sodass dieser Abend nur vier Mosher bekommen kann.
Setlist (wurde in anderer Reihenfolge gespielt):
Everything I want to do
Down by the River
I don’t wanna live without you
Rebecca
Careless Heart
Snows of New York
Little Arrows
Freedom come, Freedom go
Good Morning Freedom
Gimme dat Ding
Don’t turn around
Give a little Love
Praise the Lord
New York City here I come
Smokey Factory Blues
I don’t wanna die in an Airplane
The Peace Maker
Anyone here in the Audience
Dream
99 Miles from L.A.
To all the Girls I love
I don’t wanna lose you
When you tell me
One Moment in time
Encore I
Nothing’s gonna stop us now
I’m a Train
The Free Electric Band
Encore II
It never rains in Southern California
The Air that I breathe
When I need you
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