Stavanger – Hin und wieder zurück oder: Das Festival, das nicht stattfand

 

Gesendet: Mittwoch, 04. Dezember 2013 um 23:04 Uhr
Von: „The Doc“ <Mail>
An: „Nekrist“ <nekrist@schwarzesbayern.de>
Betreff: Re: AW: Fahrn wir nach Norwegen?
http://www.last.fm/festival/3671953+Hostile+Terrortory+2014

Gesendet: Mittwoch, 04. Dezember 2013 um 23:14 Uhr
Von: „Nekrist“ <nekrist@schwarzesbayern.de>
An: „The Doc“ <Mail>
Betreff: AW: Fahrn wir nach Norwegen?
Oke. Bin dabei
Von meinem Nutella™-Toastbrot gesendet

Gesendet: Mittwoch, 04. Dezember 2013 um 23:47 Uhr
Von: „The Doc“ <Mail>
An: „Nekrist“ <nekrist@schwarzesbayern.de>
Betreff: Re: AW: Fahrn wir nach Norwegen?

Genau das wollte ich hören!

 

Und so beginnt es …

Laut GoogleMaps liegen zwischen München und Stavanger 1.600 Kilometer, eine durchaus beachtliche Strecke. Mit dem Auto braucht man gut 19 Stunden, um sie zurückzulegen. Mit dem Flieger (über Amsterdam) ist man in etwa fünf Stunden (Wartezeiten mit eingerechnet) dort. Und warum sollte man im Januar nach Norwegen reisen? Ganz klar: Wegen eines Festivals!

Gut, das Hostile Terrortory, das dieses Jahr zum zweiten Mal in Stavanger, genauer: in einem Studentenclub mit dem interessanten Namen „Folken Studentersamfunnet“ (ja, drinnen! Das war das Erste, was ich gecheckt habe!), stattfinden sollte, wurde eine Woche vor Beginn abgesagt, denn leider gingen zu wenig Tickets im Vorverkauf weg. Nachdem Gehenna, Taake und 1349 dennoch im Folken spielten, sind der Doc et moi dennoch geflogen. Mit KLM gings zuerst nach Amsterdam, dann mit einer Fokker 70, die etwa so groß wie ein Reisebus ist, weiter nach Stavanger. Anflug über dem Meer mit Seitenwind – eine holprige Angelegenheit, seekrank wurde ich zum Glück nicht. Nach geglückter Landung und erfolgreichem Wiederfinden unseres Gepäcks ging es dann weiter mit dem Flybussen, einem Shuttle zwischen dem doch recht weiter außerhalb gelegenen Flughafen und Stavanger, bis kurz vors Hotel. Das Hin- und Zurück-Ticket gilt 30 Tage, alles kein Problem also. Und nachdem so gut wie jeder dort Englisch spricht, ist es absolut kein Problem, sich zurechtzufinden.
Stavanger ist mit nicht ganz 130.000 Einwohnern die viertgrößte Stadt Norwegens und hat seinen Wohlstand vor allem der Erdölindustrie zu verdanken. Die Stadt verteilt sich auf dem Festland und auf mehreren kleinen Inseln, die meistens durch Autobrücken zu erreichen sind.

Ankomst!

Das Erste, was in der Innenstadt Stavangers auffällt, sind die Möwen, die gibt es hier in allen Farben und Formen, und alle sind mal richtig groß. Außerdem konnten wir schon auf den ersten hundert Metern beobachten, wie ein besonders großes Exemplar einem unbedachten Fußgänger die Fischsemmel aus der Hand geklaut hat, hinterrücks. Wer gerne auf Parkbänken isst, sollte hier wirklich aufpassen.
Das Zweite, was man bemerkt: Zebrastreifen. Überall. In der Stadt. Außerhalb, auf Landstraßen. Und absurderweise halten die Autos an, wenn man so aussieht, als überlege man sich, in den nächsten zehn Minuten den Zebrastreifen zu benutzen. Sogar große LKWs auf der Landstraße bremsen ab und lassen dich drüber – hierzulande undenkbar! Es kam vor, dass wir aus purer Höflichkeit die Straßenseite gewechselt haben, weil alles in die Eisen stieg, wenn wir zufällig neben einem Zebrastreifen stehen blieben, um die Karte zu checken, ein Foto zu machen oder uns anderen touristischen Aktivitäten hinzugeben. Verrückte Welt! Nach erstaunlich kurzer Zeit gewöhnt man sich jedoch daran und wechselt die Straßenseite, ohne nach links oder rechts zu schauen. Ich hoffe, die nächsten Tage in München unbeschadet zu überstehen.

Unser Hotel, das Comfort Hotel in der Klubbgaten 3, liegt sehr zentral und ist mit den Öffentlichen gut zu erreichen. Generell gilt in Stavanger, dass alles doch recht übersichtlich ist und man überall gut zu Fuß hinkommt, aber dazu später mehr. Das Comfort ist eher einfach gehalten und richtet sich an junge Gäste, auch das Personal ist jung und freundlich. Alles geht schnell und unkompliziert. Und: Es gibt rund um die Uhr gratis Kaffee und Tee! Einziger Nachteil: Die Lüftung im Bad war nicht ohne – wir nannten das kleine Kabuff liebevoll „Windkammer“. Frühstück bis 9:30 Uhr, und natürlich haben wir auch ein Stamperl Lebertran probiert.
Nach dem Einchecken gab es dann gleich den ersten Stadtrundgang, bei schnell und stark abnehmendem Licht ging es runter zum Hafen und am Pier entlang, dann durch verwinkelte Gassen auf der Suche nach etwas Essbarem. Man sagt ja, Norwegen sei teuer: umgerechnet etwa 12 Euro für das allgegenwärtige Erdinger Weißbier ist ein stolzer Preis, Pils und Bier (0,4l!) gibt es selten unter 10 Euro, für ein warmes Essen im Restaurant zahlt man durchschnittlich 26 Euro. Alkoholfrei kommt man billiger weg, ein Sprite liegt bei knapp 6 Euro. Passend zum Ankunftstag nahmen wir unser erstes Abendessen in Stavanger im Phileas Fogg (Skagen 27) ein, einem liebevoll eingerichteten Lokal mitten im sehr belebten Hafenviertel, in dem sich Geschäfte und Kneipen abwechseln (und in dem es, nebenbei bemerkt, auch ein Backstage gibt!).
Danach hieß es erst mal, die Akkreditierung für das Konzert am Samstag klarzumachen. Also: Auf ins Folken! Das Haus hat eine Bar/Café im Erdgeschoss, vom Barkeeper bekam ich den Ansprechpartner genannt, und nach einem Stout ging’s ab in die Falle.

Der Wind, der Wind …

… ist in Stavanger allgegenwärtig und kann verdammt kalt werden. Unsere wunderbare Rezeptionistin im Hotel versicherte mir glaubhaft, dass er permanent wehe, auch im Sommer, und dadurch die gefühlte Temperatur um gut und gerne 10 bis 15 Grad senkt. Nachdem wir Freitags schönes Wetter hatten, stand für uns ein Ausflug an den Hafrsfjord zu den Svert i fjell (zu deutsch: Schwerter im Felsen) auf dem Programm, und da wir gerne zu Fuß gehen, sind wir die sechs Kilometer zu den drei gigantischen Bronzeschwertern, die in einem Felsen am Meer stecken, kurzerhand gelaufen. Nach zwei Stunden, in denen wir neben dem großen See, Mosvatnet, vor allem durch Wohngebiete kamen, waren wir bei bestem Wetter nach vier Stunden vor Ort.
Der Hafrsfjord ist etwa neun Kilometer lang und nach Harald Schönhaar benannt, der dort zwischen 870 und 900 n. Chr. gegen lokale Kleinkönige kämpfte, siegte und damit den Grundstein für ein vereinigtes Norwegen legte. 1983 errichtete der Künstler Fritz Røed dort drei Schwerter, die fest im Felsen verankert sind. Das größte ist 10 Meter hoch und repräsentiert König Harald, die anderen beiden seine Kontrahenten, bei denen es sich vermutlich um die beiden Herren mit den klangvollen Namen Kjåtve (Der Dicke) und Haklang (Der Lange mit der Hasenscharte) handelte. Die Schwerter jedenfalls sind wirklich beeindruckend, und wir hatten fantastisches Wetter.

Zurück nach Stavanger ging es mit dem Bus, eine einfache Fahrt ist in 20 Minuten erledigt und kostet pro Nase 31 NOK, also etwas mehr als drei Euro. Nach einer hervorragenden Fischsuppe direkt am Hafen stand Stadtrundgang, Klappe die Zweite (bei Tageslicht) auf dem Programm, der uns am Fährhafen entlang in weitere Wohngebiete führte. Es fällt auf, dass vor allem Einfamilienhäuser das Stadtbild prägen, in ganz Stavanger gibt es vielleicht 20 Hochhäuser und in den neueren Wohngebieten Richtung Svert i fjell auch ein paar vierstöckige Reihenhäuser, allesamt mit sehr großzügig geschnittenen Balkonen und allem Anschein nach großen Wohnungen, aber die sind im Stadtbild doch eher die Ausnahme. Natürlich durfte auch ein kleiner Spaziergang durch Gamle Stavanger, also die Altstadt am Hafen, nicht fehlen, wobei sich das als eher enttäuschend und langweilig erwies: Ein kleines weißes Holzhaus am nächsten. Da rentiert sich gemütliches Schlendern durch das Einkaufsviertel schon eher: Die Häuser sind nicht minder charmant und ab und an nahezu unerträglich pittoresk, aber wesentlich farbenfroher und lebendiger im Vergleich zu Gamle Stavanger, das steril und wenig einladend aussieht.

Samstag war, nachdem wir die letzten beiden Tage Kilometer geschrubbt hatten, Entspannen angesagt: Bei mäßigem Wetter und höllischem Wind eröffneten wir die Sause mit einem gemütlichen Spaziergang durch den Friedhof Lagård Gravelund (schräg und düster) über die parallel verlaufende Straße Paradisveien zum Yachthafen (kennste einen, kennste alle!). Geht man dann einfach geradeaus weiter, kommt man auf schmalen Pfaden direkt an der Küste in eine Art Naherholungsgebiet (mit Liegewiesen, Grillplätzen und allem, was dazugehört). Die Küste ist gebirgig, aber nicht sonderlich steil, und trotz des diesigen, windigen, eiskalten Wetters ist das wirklich ein Ausflug zum Genießen. Die vorherrschenden kühlen Farben – graublau, blau, grün, braun -, die Berge im Hintergrund, windgepeitschte Wellen, die meterhoch über die Brecher spritzen, das ist Norwegen, wie man es sich vorstellt!
Doch genug von schönen Landschaften – wir waren ja nicht deswegen in Norwegen. Und Samstag Abend um 20 Uhr hieß es endlich: Helnorsk svartmetall! Ab ins Folken, Gehenna, Taake und 1349 warten!

 

Bilder: The Doc – hier gibt es noch mehr davon!

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