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Blutmusik

lyfthrasyr-cover-the-engineered-flesh-webMehr Science Fiction im Black Metal! Nachdem es scheinbar doch Überschneidungen dieser beiden doch sehr unterschiedlichen Genres gibt, wie zuletzt Vyre eindrucksvoll bewiesen haben, legt jetzt die Karlsruher Formation Lyfthrasyr mit ihrem dritten Studioalbum The Engineered Flesh in Sachen düster-dystopischer SciFi in der Musik nach. Anders als die Kollegen von Vyre bleiben Lyfthrasyr dabei allerdings auf dem Boden, will sagen: der Erde, und befassen sich mit einem Thema, das schneller aktuell werden könnte, als einem lieb ist: Nanotechnologie in allen Facetten, Biomechanik, Künstliche Intelligenz und Bewusstseinstransfer stehen unter anderem auf der Themen-Liste von Mastermind Aggreash, das Ganze dann verpackt in sterilen, kalten Black Metal, durchbrochen von elektronisch-symphonischen Klängen. Und gerade diese Mischung funktioniert bei The Engineered Flesh hervorragend. Die Transformation eines Menschen, einer ganzen Gesellschaft, zu etwas Künstlichem, Kalten, verlangt geradezu nach einem klinischen Sound, der sowohl in den elektronischen, streckenweise sehr technoid wirkenden Passagen als auch bei den rasenden Blastbeats, von Drummer Nefastus (Ex-Belphegor, Ex-Debauchery) auf den Punkt abgeliefert, glänzend funktioniert, sodass Lyrics und Musik hervorragend miteinander korrespondieren. Die anderen Instrumente treten dabei ein Stück weit hinter die prominenten Drums zurück, und die sehr druckvolle Produktion tut ihr Übriges, um den klinisch-reinen Sound hervorzuheben. Thematisch sind wir, wie gesagt, im weitesten Sinne beim Mensch 2.0, erzeugt durch die „Technological Singularity“: Der Körper wird auf jede erdenkliche Art und Weise transzendiert („Evolution“), Sterblichkeit ist keine Option mehr in diesem Prozess („The new Era of Immortality“), alle Anzeichen des Verfalls werden sofort von Nanobots in den Zellen gestoppt.

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Individualität? Fehlanzeige, Emotionen und alles, was „krank“ sein könnte, wird von vornherein vom System unterdrückt. Die Verbindung zwischen Mensch und Maschine erzeugt dabei eine neue Spezies, und Revolution ist im perfekten System unmöglich. Und doch bleibt irgendwo in den biomechanischen Synapsen, knapp außerhalb der Reichweite der allgegenwärtigen Nanobots, noch ein kleiner Rest Bewusstsein („Preserved Identity“), das partout nicht aufgeben will.Von diesem Hoffnungsschimmer sollte man sich allerdings nicht täuschen lassen, denn so endlos und ewig das Leben in der Cloud auch ist, so endlos und ewig ist die Tortur der Seele, die nicht mit hochgeladen wird, die zurückbleibt im Nano-Vortex und jetzt unermessliche Qualen leidet. Leben, wie wir es kennen, existiert in Lyfthrasyrs Zukunft nicht, was bleibt sind Befehle, gebrüllt an einen Körper, der schon lange nicht mehr existiert („Life Overdose“). Der Preis für die Unsterblichkeit ist hoch: Körperloses Bewusstsein, gefangen im System.

Experimentierfreudig waren Lyfthrasyr schon immer, was auch bei The Engineered Flesh deutlich zutage tritt und diesem Album wirklich zugute kommt. The Engineered Flesh klingt dabei wie der große, bösartige Bruder der Deathstars, und Lyfthrasyr trauen sich in ihrer postmodernen Variante des Black Metal wesentlich mehr als ihre zahmen Kollegen. Wer also keine Angst vor einer Kapelle hat, die konstant die Grenzen des Genres auslotet und austestet und dabei auch nicht vor Synthies zurückschreckt, ist hier genau richtig. Vor allem der sterile Sound überzeugt mich von The Engineered Flesh, ein Stilmittel, das selten so angemessen zum Einsatz kam wie hier.

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:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch2:

Anspieltipp: „Evolution“

LyfthrasyrThe Engineered Flesh
VÖ: 29.11.2013
11,00 Euro – Kaufen!

Tracklist:
1. The New Era Of Immortality
2. Soul Transition Interface
3. Technological Singularity
4. Evolution
5. Mind Simulator
6. Preserved Identity
7. Wisdom In The Loop
8. Life Overdose

Laufzeit: 41:08

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