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Ecken und Kanten überall

 

norse_pest_coverDie beiden Australier von Norse haben mich mit ihrem zweiten Album, All is Mist and Fog, auf ihre Version von Black Metal aufmerksam gemacht, die mit innovativem und extrem vielschichtigem Geknüppel zu überzeugen weiß. Pünktlich zum Sommeranfang, genauer: am 07.06.2014 erscheint die EP Pest in ausschließlich digitaler Form, um uns die sonnigen Monate mit Fäulnisgestank und Leichentüchern zu versüßen. 

Die Herren aus New South Wales präsentieren mit Pest nicht ganz eine halbe Stunde extrem sperrigen und schwer verdaulichen Black Metal, der definitiv mehr als einen Gang durchs Mittelohr braucht, um vollständig zur Geltung zu kommen. Die Songs werden vor allem von abrupten Tempowechseln und Dissonanzen geprägt, die bei mir vage Anklänge an Mayhems Ordo ad Chao wecken. Alles klingt erst einmal vollständig unsortiert und chaotisch, es ist beim ersten Hören fast unmöglich, in den Songs irgendeine Struktur zu erkennen. Erst wenn man mit Pest in die zweite Runde geht und ein wenig darauf vorbereitet ist, erschließen sich nach und nach die Stücke, die vor allem durch einen unglaublichen Detailreichtum gekennzeichnet sind.norse_band

Der Opener, „Encoded Weakness“, bietet fast über die gesamte Distanz eine rohe Knüppelorgie, die gegen Ende sehr viel an Tempo verliert – schleppender Bass, schleppende Gitarren, fast Mantra-artig wiederholt Sänger und Gitarrist Treelo Herrington die Worte „You will rot!“, mehrfach übereinandergelegt. Das erzeugt einen unheimlichen Klang, fast hypnotisch, und die Gänsehaut lässt hier nicht lange auf sich warten. Generell sind die Vocals sehr präsent, hier spielen die Aussies mit verschiedenen Effekten, die die Instrumente teilweise in den Hintergrund rücken lassen. Aber das ist keineswegs der Standard: Alle Stücke wissen zu verstören und liegen schwer im Magen, doch nie mit denselben Mitteln. Pest ist extrem abwechslungsreich, so stehen beim Titeltrack etwa die Gitarren wesentlich prominenter im Vordergrund, während im Hintergrund Schreie zu hören sind, als würde gerade ein Schwein geschlachtet – es ist das musikalische Pendant zu einem brutalen Splatterfilm, das Norse hier mit viel Wut auf die Menschheit loslassen und das wirklich unter die Haut geht. Immer auf den Punkt gebracht sind die Drums; Schlagzeuger Frog, der, nebenbei bemerkt, das einzige noch bei Norse aktive Gründungsmitglied ist, überzeugt mit wilder Raserei ebenso wie in den langsameren Parts. An der Produktion ist nichts auszusetzen, die ist glasklar und gibt sich keine Mühe, die Ecken und Kanten zu glätten oder es gar dem Hörer zu erleichtern, die plötzlichen Sprünge zwischen den Tempi nachzuvollziehen. Pest ist eine chaotische Bestie, die ihr hässliches Haupt mit „Encoded Weakness“ hebt und sich mit dem rabenschwarzen „Aimless“ schließlich triumphierend wieder zur Ruhe begibt. Dazwischen liegen 27 Minuten pechschwarzer und bitterkalter Abgrund.

Pest geht schwer rein und noch schwerer wieder raus, sodass ich mindestens einen Verdauungsschnaps empfehle, will man mit diesem Biest fertigwerden. Norse machen spätestens mit dieser EP klar, dass sie mit ihrem extremen Metal noch einiges vorhaben, und ich bin gespannt, was den Australiern als Nächstes einfällt.


Anspieltipp: „Pest“ 

 

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NorsePest
VÖ: 07.06.2014
Pest erscheint ausschließlich digital und wird auf der Bandcamp-Seite von Norse zu erwerben sein: http://norsemetal.bandcamp.com/
Zu „Encoded Weakness“ gibt es auch ein Video!

Tracklist: 
1. Encoded Weakness
2. Disarmed, toothless, weak
3. Pest
4. Irradiator
5. True True Insignificance
6. Aimless

Gesamtlaufzeit: 30:11

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