Audioseptic Black Punk Bastards!

Samstag, 7. Juni 2014: Ganz Bayern ist auf dem WGT in Leipzig. Ganz Bayern? Nein! Etwa 80 Schwarzmetaller haben sich bei Temperaturen um die 30 Grad im Schatten im Backstage Club eingefunden, um mit vier absoluten Underground-Bands einen genialen Konzertabend zu verbringen. 

Den Anfang machte das Münchner Duo Ewigeis, die ich zuletzt als Vorband von Inquisition gesehen habe. Die Herren Saat (Gitarre und Gesang) und Angsul (Drums) haben soeben Demo Nummer drei, Daupuz, via Nebular Winter Productions veröffentlicht, dessen Titeltrack auch gleich der Konzertopener war. Geboten wird Black Metal im Midtempo und mit deutschen Texten, der nicht zu melodiös daherkommt und auf Schnickschnack verzichtet. Musikalisch macht sich Daupuz jedenfalls schon mal ganz gut, auch „… wie Schnee“ und der letzte Song, „Seelensplitter“, gefallen durchaus. In Sachen Bühnenpräsenz hat sich ebenfalls ein bisschen was getan, hier scheinen Ewigeis auf einem doch recht guten Weg zu sein, zumal generell ja alles da ist, was den geneigten Black-Metal-Hörer erfreut. Ich jedenfalls war sehr zufrieden mit dem Konzert und freue mich auf das nächste!

Setlist Ewigeis: 
Daupuz
Im Nachtgeraune Melodien
Existenz ad absurdum
Ewiges Eis
… wie Schnee
Seelensplitter

Danach enterten fünf Mann aus Tirol die Bühne, denen man in Sachen Präsenz nichts mehr beizubringen braucht: Asphagor! Logo und Name kamen mir bekannt vor, aber bisher hatte ich Asphagor noch nicht auf dem Schirm – was sich allerdings nach einem dynamischen, energiegeladenen und dunklen Auftritt in München ändern wird! ANTI (2013) heißt das aktuelle Album, aus dem sich ein großer Teil der Setlist speiste, und das weniger auf Knüppelorgien (die durchaus vorkommen – etwa bei „Cemetary (sic!) of Gods“), sondern auf Musik in eher gemäßigtem Tempo, zu der man einfach die Haare schütteln muss, setzt. Eindeutig im Mittelpunkt des Geschehens steht Sänger Morgoth, der von der ersten bis zur letzten Minute das Publikum, das nach und nach aus verlängerten Raucherpausen eintrudelte, in der Hand hatte und der – ‛tschuldigung! – einfach eine coole Sau ist. Die Anwesenden jedenfalls kamen recht zügig in die Gänge, Songs wie „Anti“, „Suffering Flesh“ oder „Havoc“ wurden regelrecht abgefeiert und von den besonders Textsicheren sogar mitgesungen. Ich hoffe, Asphagor lassen sich nicht zu viel Zeit, bis es sie wieder nach München verschlägt, denn ich will definitiv mehr davon! 

Setlist Asphagor:
Cemetary (sic!) of Gods 
The Rebirth (In the Age of Nemesis)
Invoke Heaven
Suffering Flesh
Havoc
Anti
Oblivion

Band Nummer drei an diesem Abend war der heimliche Headliner: Selbstentleibung aus Wien. Im Gepäck hatten die Herren um Sänger Tötung das aktuelle Album Null|Negativ, das am 30. Mai das Licht der Welt erblickt hat. Ganz neu dabei sind auch Basser Plague, der ansonsten bei Whiskey Ritual die dicken Saiten schrabbelt und G. Vargavind ersetzt, und Drummer Severni Veter, der seit Neustem für Ördögvér hinter dem Drumkit Platz nimmt. Selbstentleibung jedenfalls nehmen Null|Negativ zum Anlass für eine Reihe von Release-Konzerten in Deutschland und Österreich und liefern eine energiegeladene Show, die direkt in die Abgründe der menschlichen Seele führt. Dementsprechend werden viele Stücke vom neuen Album dargeboten, wenn auch der Vorgänger Kategorie:Tot nicht zu kurz kommt. Tötungs Kreischen ist stellenweise extrem hoch und voller Emotionen, von kaltem Hass über Schmerz bis hin zu bodenlosen Depressionen bringt er alles zum Ausdruck. Der Nihilismus wird auf der kleinen Bühne genussvoll zelebriert, komplett mit rasend-sägenden Gitarren und Drums, die wie ein Artilleriegeschütz klingen. Dazwischen gibt es immer wieder etwas ruhigere Passagen und eine Art Sprechgesang, was für sehr viel Abwechslung und eine einzigartige Atmosphäre sorgt, die eher nach einer nasskalt-nebligen Herbstnacht verlangt denn nach einem lauen Sommerabend. Ich bin gespannt auf den nächsten Auftritt beim Sick Midsummer Austria (05.07.2014 – mehr Infos hier.

Als letzte Band an diesem noch recht jungen Abend – gerade mal 23 Uhr! – trat BlackShore aus Lübeck an, leider vor einem fast leeren Raum, denn viele hatten nach der Selbstentleibungs-Tortur offenbar beschlossen, nicht mehr wiederzukommen. Auch ließen sich die verausgabten Saunagänger zunächst nicht richtig motivieren, wenn sich das auch im Laufe des Konzerts etwas besserte. Nach Selbstentleibung wirkte der eher primitive Black Metal, der sich überwiegend mit den Themen Krieg, Tod und Vernichtung befasst, beinahe fröhlich und ausgelassen, wozu auch beitrug, dass Herr Hades (Vox/Gitarre) der erste an diesem Abend war, der so etwas wie Interaktion mit dem Publikum anstrebte. Auf die Frage, inwiefern München denn noch wach sei, erntete er allerdings nur ein müdes Kopfschütteln der wenigen verbliebenen Anwesenden. Musikalisch jedenfalls wurde das geliefert, was man von BlackShore auch erwartet: fieses Gebrüll, einfach strukturierte Songs, die teilweise mit höllischer Geschwindigkeit daherkommen und nur selten das Tempo etwas drosseln. Als Beispiel mag hier das Video zu „Kaiserschnitt Replikant“ dienen, das an diesem Abend auch live gegeben wurde, oder auch das brutale „Reactor“, das keinerlei Atempausen gewährt (gut, Sauerstoff war im Club inzwischen ohnehin Mangelware). Stilistisch wurde das dann von „Troublemaker Black Metal“ fortgesetzt, und gerade dieser Titel fasst sehr gut das zusammen, was ich mit BlackShore in Verbindung bringe: dieser eher rotzige, rebellisch-punkige Impetus, der jederzeit auf alles und jeden sche**t und dem Leben den Mittelfinger entgegenreckt. Was sonst hervorragend zieht, auch ob des deutlichen Thrash-Einschlags in der Musik, hat mich an diesem Abend nicht wirklich erreicht – woran auch immer das gelegen haben mag. BlackShores Fehler war das sicherlich nicht, die Jungs sind live eine Kraft, mit der man rechnen muss! 

Setlist BlackShore: 
Dystopian
Reactor
Troublemaker Black Metal
Fat, White and Ugly
Frostbitten Warmachine
Punking Blood Means Cancer
Terror
Kaiserschnitt Replikant
Panzervergnügen
Bitchgrinding Metal
Dimension Ärger

Alles in allem waren vier sehenswerte Bands am Start und lieferten einen Konzertabend aus dem Underground, der sich sehen lassen konnte. Von Selbstentleibung hatte ich mir etwas mehr erhofft, allerdings kann ich auch den Finger nicht drauflegen, was es war – Sound schlecht abgemischt? Einfach nen schlechten Tag gehabt? Sei es wie es sei, ich denke, auf dem Sick Midsummer sieht alles wieder anders aus. BlackShore sorgten dann für einen musikalischen Absacker, komplett mit Lachern aus dem Publikum, der mir schwer im Magen liegen blieb, was die Stimmung betrifft. Von Selbstentleibung kommend, war BlackShore einfach nicht das richtige Digestivum für mich. Ewigeis haben mich sehr positiv überrascht, aber meine klaren Favoriten an diesem Abend waren Asphagor, die ich mit Freuden zu meinen musikalischen Neuentdeckungen des Jahres rechne. Die Jungs sollte man mal gesehen haben – wirklich ein grandioser Auftritt! 

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch2:

Bilder: TheDoc – mehr Konzertfotos gibt es auf flickr zu sehen! 

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