
Die Berliner Schwarzmetaller
Shrike waren sehr, sehr fleißig. Erst im Juni letzten Jahres brachten sie
Hinab in die vertraute Fremdheit auf den Markt, jetzt erscheint Anfang April ihr drittes Album
Sieben. Der Titel bezieht sich auf die mittlerweile siebenjährige Bandgeschichte, auf die
Shrike zurückblicken kann, und mit dem Album soll ein neues musikalisches Kapitel aufgeschlagen werden. Mit
Hinab in die vertraute Fremdheit hatte ich noch so meine Probleme, in die Musik von Shrike hineinzufinden – mit
Sieben war es ganz anders, weil auch das Album so ganz anders ist.
Sieben ist insgesamt wesentlich treibender als sein Vorgänger, und auch generell etwas „schmutziger“. Wo mir
Hinab in die vertraute Fremdheit noch zu gewollt klang, punktet
Sieben mit authentischer Rohheit, klingt biestiger, wilder, primitiver. Wie gewohnt behalten
Shrike die deutschen Lyrics bei, versteigen sich hier allerdings nicht mehr in dieser Konstruiertheit – und das wiederum bringt sie mir ein gutes Stück näher. Los geht’s mit „Kreise“, einem Hybriden aus Intro und erstem Song, der schon ordentlich scheppert und auf den letzten Metern irgendwie groovig wird. Ohne Pause geht es weiter mit „Kadaver“, das vor allem bei den Riffs punkten kann, woran sich übergangslos „Shrike“ anschließt, das archaisch mit Bongo-Trommeln beginnt und sich dann zu einem wahren Nackenbrecher auswächst, der live sicherlich gut kommen wird. Mein Favorit auf
Sieben ist jedoch das eher langsamere, doomigere „Von den Farben der Sehnsucht“, eine siebenminütige, teilweise geradezu psychotisch wirkende Tour de Force durch die Abgründe eines seltsamen Verlangens. Insbesondere der Gesang, clear gesungen und dann verzerrt, trägt, ebenso wie die starken Gitarren, zur düsteren Atmosphäre bei, die dieser vielschichtige Song voll ausspielt. Ähnlich geht es dann mit „Grimassen“ zu Ende, ein guter Ausklang für ein insgesamt schönes Album.
Sieben stellt sich als sehr vielschichtig und abwechslungsreich heraus und sorgt generell dafür, dass
Shrike noch eine Weile auf meinem Radar bleiben wird. Die Produktion ist auch auf Sieben nicht das Gelbe vom Ei, hier stelle ich keine große Weiterentwicklung fest – einerseits schade, da könnten
Shrike viel Boden gut machen, insbesondere, was die Drums angeht, andererseits ist das auch irgendwie charmant – ich mag sowas ja. Was mich an der ganzen Sache wirklich maßlos irritiert: Sieben Jahre
Shrike, ein Album mit dem Titel
Sieben – und dann fünf Songs drauf? Da wird meine Neurose prompt aktiv und schreit, dass sie zurück in den blauen Raum möchte.
Alles in allem haben die mittlerweile zu einem Quartett geschrumpften Berliner ordentlich abgeliefert, und ich hoffe sehr, dass sich die Herren mal in München blicken lassen!

Anspieltipp: „Von den Farben der Sehnsucht“
Shrike – Sieben
VÖ: 11.04.2014
Vertrieb: TWS-Music
Tracklist:
1. Kreise
2. Kadaver
3. Shrike
4. Von den Farben der Sehnsucht
5. Grimassen
Gesamtspielzeit: 30:19
Homepage: shrikeberlin.com
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